Besonderheiten und Probleme des Lebensraumes Stadt

Die Standortbedingungen in Städten unterscheiden sich z. T. gravierend von denen des Umlandes.
Ein bedeutendes Charakteristikum ist die große Flächenversiegelung und damit die weitgehende Unterdrückung von Vegetation, Bodenbildungsprozessen und anderen natürlichen Vorgängen.

Klima
Das Stadtklima entsteht durch die Wechselwirkung mit der Bebauung und deren Auswirkungen sowie dem Einfluß von Abwärme und Schadstoffemissionen. Problematisch sind hierbei der reduzierte bodennahe, atmosphärische Luftaustausch, die Staub- und Schwebstofffracht der Luft sowie die Schadstoffbelastung.
Vereinfacht ausgedrückt ist das Stadtklima:
- trockener
- wärmer
- und staubiger
als das Umlandklima.

Böden
Städtische Böden haben in der Regel nicht mehr den ursprünglichen Schichtaufbau und die ursprüngliche Struktur: Sie sind häufig das Ergebnis von Aufschüttungen, Abgrabungen und Verfüllungen. Der Gehalt an organischer Substanz verringert sich durch regelmäßige Abfuhr von Herbstlaub und anderem toten Pflanzenmaterial, das Porenvolumen schwindet durch Verdichtung und es erfolgt eine Anreicherung mit Fremd- (und damit häufig Schad-)stoffen der zahlreichen Emittenten.
Durch Baumaßnahmen (Gebäude, Tiefgaragen, Leitungsverlegung, Versiegelung) wird der zur Verfügung stehende Bodenraum verringert, Wurzeln gekappt und der Wasserhaushalt verändert.
Gegenmaßnahmen sind Flächenentsiegelungen, der weitestmögliche Ersatz von Asphalt durch Rasengittersteine, Schotterrasen o. ä., Schutz vor Verdichtungen von Straßenbäumen durch Abgrenzungen und Abdeckungen. Organische Substanz sollte möglichst auf den Freiflächen verbleiben.

Schadstoffbelastung
Zahlreiche Emittenten wie z. B. Industrie, Verkehr und Hausbrand führen der Luft und dem Boden eine Vielzahl von chemischen Verbindungen zu, die häufig schädliche Auswirkungen auf Gesundheit und Wohlbefinden der Stadtbewohner (Menschen, Tiere und Pflanzen) haben. Hierzu zählen z. B. die Schwermetalle, Benzole und Phenole, Stickoxide, Ozon, Abrieb von Fahrzeugreifen und Bremsbelägen, Öl, Korrosionsprodukte u. a.

Bei einer beabsichtigten Nutzung von Pflanzen zur Ernährung sind besonders die Stoffe von Bedeutung, die sich auf oder in der Pflanze ablagern und der menschlichen Gesundheit abträglich sind. Hierzu zählen Schwermetalle wie Blei und Cadmium, abgasbedingter Ruß mit anhaftenden organischen Verbindungen wie PAK (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe) und PCDD (polychlorierte Dibenzodioxine), die sich besonders in straßennahen Zonen ablagern.
Blei kommt vorwiegend aus dem Kraftstoff von Fahrzeugen, wobei seit der Einführung des bleifreien Kraftstoffes mit einer Verringerung des Ausstoßes gerechnet werden kann. Die Ablagerungen in Böden bleiben aber langfristig erhalten, da Schwermetalle nicht biologisch abgebaut werden können sondern nur mehr oder weniger fest an die Bodenpartikel (besonders Ton und Humus) gebunden werden.
Cadmium ist in vielen Kunststoffen enthalten und wird u. a. bei der Müllverbrennung freigesetzt. In der Pflanze wird Cadmium vornehmlich mit dem Transpirationsstrom verlagert, so daß die Pflanzenteile, die stark transpirieren, in der Regel höhere Cadmium-Gehalte aufweisen. Zu ihnen gehören in erster Linie grüne Blätter, aber auch grüne Stiele und Stengel. Der Cadmium-Gehalt dieser Pflanzenteile ist um so höher, je länger die Vegetationszeit bzw. Transpirationszeit, je höher die Bodenfeuchtigkeit und je niedriger die Luftfeuchtigkeit ist.
Körner, Früchte, Samen, Beeren, Knollen, Rübenkörper und die inneren Teile von Kohl- und Salatköpfen transpirieren kaum und haben somit einen niedrigeren Cd-Gehalt.

Lösungsmöglichkeiten
Solange die Schadstoffabgabe nicht unterbunden wird, müssen andere Methoden die Wirkungen der Immissionen verringern oder beseitigen, wenn auch (leicht) belastete Standorte noch für den Nahrungsanbau genutzt werden sollen.

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Abstand von Schadstoff-Emittenten
In der Nähe von Müllverbrennungs- und anderen stark emittierenden Anlagen - speziell in der Hauptwindrichtung - sowie an Altlast-Standorten empfiehlt es sich auf den Anbau von Nahrungspflanzen im Freien generell zu verzichten.
Wegen der Belastungen durch den Autoverkehr sind Sicherheitsabstände einzuhalten. Die Angaben dafür sind in der Literatur nicht einheitlich. Sie reichen in Bezug auf Dioxin, org. Stoffe und Schwermetalle von einem Abstand von 10 m von stark befahrenen Straßen (50.000 Kfz/ Tag), bis zu 50 - 100 m vom Fahrbahnrand wo "kaum noch eine Erhöhung der Gehalte an Blei in Böden und Pflanze feststellbar ist" (Kloke 1993).
Eine weite Ausbreitung von Schwermetallen und organischen Verbindungen kann durch die Anlage von Gehölzstreifen am Fahrbahnrand reduziert werden, weil diese die emissionsbelastete Luft stark abbremsen und so ein großer Teil der Schadstoffe abgelagert wird.

· Pflanzenauswahl und Erntegutbehandlung
Weitere Maßnahmen sind die Auswahl der Pflanzenarten. Auf schadstoffsammelnde Wurzelpflanzen (wie Rettich und Radieschen) sowie Arten mit langer Wachstumsdauer, z. B. Kartoffeln, Möhren oder Sellerie sollte verzichtet werden. Zwar ist das Schadstoffaufnahmeverhalten nicht nur von Art zu Art sondern auch von Sorte zu Sorte unterschiedlich, allerdings finden sich in den Sortenkatalogen bzw. auf den Samentüten noch keine Angaben darüber.
Schwermetalle, die über die Luft auf die Früchte und das Blattwerk gelangen können durch kräftiges Waschen mit warmem bis heißem Wasser von den Früchten entfernt werden. Dickere Früchte wie Äpfel, Birnen, Gurken usw. sollten geschält werden, wobei z. B. die Bleiverunreinigungen um ca. 80% reduziert werden können. Wenn möglich sollten die äußeren Blätter entfernt werden, z. B. bei Kohl oder Salat.
Schwieriger ist das Schadstoffproblem bei weichen Früchten wie Beeren sowie bei Küchenkräutern. Diese können nicht ausreichend gewaschen werden, sodaß an der Oberfläche vorhandene Verunreinigungen nur zu einem geringen Anteil entfernt werden können.

· Dekontamination und Bodenaustausch
Neben technischen Methoden der Dekontamination können auch Pflanzen zur biologischen Sanierung von Böden eingesetzt werden. Gute Erfahrungen wurden gemacht mit schwermetallsammelnden Pflanzen wie China-Schilf (Miscanthus sp.), Indischem Senf (Brassica juncea), Sudangras (Sorghum sudanense) und Riesenknöterich (Polygonum sachalinense). Auf stärker belasteten Flächen bleibt nur ein Bodenaustausch oder der Anbau in Behältern. Im Zweifelsfall sollte vor der Nutzung eine etwaige Belastung durch entsprechende Untersuchungen abgeklärt werden.

Durch den Wunsch vieler Stadtbewohner nach selbst produzierten Lebensmitteln wird vielleicht auch der längst notwendige Anstoß gegeben, sich mit der Situation der Schadstoffbelastung nicht weiter abzufinden, sondern politische, gesellschaftliche und persönliche Konsequenzen zu ziehen.



Bedeutung und Funktionen städtischer Vegetation:

· Luftverbesserung durch Filtern von Schadstoffen
· Mikroklimaverbesserung
· Einbindung in die Landschaft, Sichtschutzpflanzungen
· Schattierung
· Gebäudeschutz, Wärme- und Schalldämmung durch Dach- und Fassadenbegrünung
· stilistisches Kontrastmittel zu Glas- und Betonfassaden
· Jahreszeitenerlebnis
· Nahrung für Mensch und Tier
· Biotopfunktion